
Faire Jobanzeigen: Win-Win für Jobsuchende und Unternehmen
29. März 2022 Jobs im Online Marketing werden spezialisierter und gefragter. Die Anforderungen und der Bedarf steigen, die Gehälter allerdings kaum. Weil uns dieser Trend nicht gefiel, starteten wir mit dem JOBGREISSLER einen Newsletter, der nur faire Jobangebote promoted. Unsere Erfahrungen aus rund zwei Jahren stimmen leicht optimistisch, aber es gibt noch viel zu tun.„Du hast Marketing studiert und Agenturerfahrung, kannst Photoshop, Videoschnitt und bloggst nebenbei, kennst alle Social Networks und von Kennzahlen, Analysen und Growth-Hacking kriegst du auch nicht genug? Toll, dann arbeite bei uns 40 h und mehr für 2.000 € brutto! Wir sind nette Leute und bieten Snacks, Kaffee und Parties!“ Noch immer klingen viele Jobanzeigen im Bereich Social Media und Online Marketing so oder ähnlich.
Keine “alles für All-in”-JobsOft sind die Anforderungen unrealistisch oder das Gehalt zu niedrig – oder beides. Wir sehen darin ein Problem, das nicht nur auf den Schultern der Arbeitnehmer:innen lasten soll, frei nach dem Motto “sollen sie doch besser verhandeln”. Die Verantwortung liegt auch bei den Unternehmer:innen, die sich mit diesen Praktiken nur scheinbar viel Leistung für wenig Geld holen. Denn die Qualität in den vielen Spezialgebieten von (digitaler) Werbung und Kommunikation wird dabei langfristig auf der Strecke bleiben und die Attraktivität der Branche sinken.

2020 versendeten wir zum ersten Mal den JOBGREISSLER, ein Newsletter-Service für Jobsuchende im Online Marketing, in dem nur Anzeigen mit fairen Bedingungen verschickt werden. Wie der Greißler ums Eck wollten wir nur ausgewählte „Schmankerl“ zusammenstellen. Wir filtern also mehrmals im Monat online Angebote vor. Diese landen zusammen mit Tipps aus unserem Netzwerk und verkauften Anzeigen im JOBGREISSLER. Abonnent:innen können sicher sein, dass sie hier nur Jobs finden, die folgenden Kriterien entsprechen:
- Realistische Anforderungen der Stelle
- Mindestens 2.500 € brutto/Monat, je nach Qualifikation höher
- Keine Jobs ohne Gehaltsangabe
- Keine “alles für All-in”-Jobs

Unsere Erfahrungen nach rund zwei Jahren zeigen: Das Angebot ist groß und vielfältig aber von allen Anzeigen, die auf Jobplattformen zu finden sind, erfüllt nur ein kleiner Teil die Fairness-Kriterien. Vor allem bei essenziellen Punkten schweigen sich viele aus.
- Gehaltsangabe fehlt
Weiterhin gibt es trotz gesetzlicher Verpflichtung sehr viele Anzeigen ohne Gehaltsangabe.
- Einmal mit alles, bitte
Gibt es Gehaltsangaben, passen sie oft nicht zu den Anforderungen. Häufig werden Online Marketing Expert:innen gesucht, die ein abgeschlossenes Hochschulstudium, mindestens drei Jahre Erfahrung und Kenntnisse aus mehreren verschiedenen Fachgebieten haben: Social Media Management, Content Erstellung, Performance Marketing, strategisches Marketing, Bildbearbeitung, Zahlenanalyse und nebenbei noch ein bisschen PR oder Eventmanagement. Und das bei 2.300 € brutto für All-in. Das ist kein Experten-Gehalt. Als Bewerber:in sollte man bei solchen Jobs je nach Firma eher 2.800 € und mehr erwarten können.
- Work-Life-Balance
Positiv fällt auf, dass immer mehr Unternehmen die Arbeitszeit als Benefit hervorheben. Sei es, dass es kein All-in Vertrag ist, dass es kurze Kernzeiten gibt, Homeoffice-Regelungen, extra Urlaubstage oder kurze Freitage. Immer öfter findet man Jobanzeigen, die diesen Punkt als wichtigen Faktor sehen und kommunizieren.
- Geschlechtsneutrale Titel
Ebenso positiv sehen wir, dass Anzeigen ohne die Angabe (m/w/d) bzw. (m/w/x) die Ausnahme sind.
Tipps für Bewerber:innenAls Jobsuchende bist du mit vielen Unsicherheiten konfrontiert, solltest dir aber deines Wertes bewusst sein. Es ist legitim, nach dem Gehalt zu fragen und ein Wunschgehalt einzufordern (das natürlich ebenso realistisch sein sollte.) Wenn du das Gefühl hast, die Anforderungen sind zu vielfältig, frag im Bewerbungsgespräch genau nach, wofür du hauptsächlich verantwortlich sein wirst. Fühlst du dich unsicher oder zu forsch damit? Keine Sorge, gute Unternehmen wissen Initiative zu schätzen und Fragen zeigen, dass du Profi bist und weißt was du machen willst und kannst. Die Antworten zeigen, wie die Firma mit dir umgehen wird.
Tipps für UnternehmenBewerber:innen wollen faire Jobs, Unternehmen wollen loyale und motivierte Mitarbeiter:innen. Dafür müssen Unternehmen auch was tun. Beide Seiten profitieren davon.
Was bedeutet das für alle, die auf Personalsuche sind? Wir fassen unsere Erfahrungen so zusammen:
- Fokus finden
Was ist das Wichtigste an der zu besetzenden Stelle? Welche Kernqualifikationen muss die Person mitbringen, die man am schwersten intern anlernen kann? Selbstverständlich kann man zusätzliche Qualifikationen erwarten, aber eine klare Abgrenzung von Fach- und Verantwortungsbereichen ist zielführender als eine riesige Wunschliste. Dann findet man auch eher Leute mit Spezialkenntnissen vs. Allrounder.
- Es geht nun mal ums Geld
Es stimmt, Millennials und jüngere Generationen gehen nicht mehr nur fürs Geld arbeiten und suchen Sinn, Wertschätzung und Freude im Job. Trotzdem muss das Gehalt stimmen. Bitte liebe Unternehmer:innen, macht eine Angabe über das Mindest-KV-Gehalt hinaus. Ihr hebt euch damit nicht nur noch immer von der Mehrheit der Anzeigen ab, sondern zeigt Bewerber:innen auch, dass ihr realistische Einschätzungen habt und das Preis-Leistungs-Verhältnis am Jobmarkt kennt. Macht ihr es nicht, fällt es umso schwerer, den Umfang und das Niveau der Stelle einzuschätzen.
- Denk an deine Employer Brand
Die Außenwirkung beginnt schon bei den Jobanzeigen. Auch hier kann man sich fair positionieren und im Kampf um die besten Köpfe Profil zeigen.
Viele Entwicklungen in der Online- und Social Media Welt finden wir super: Es gibt viele Talente, immer mehr Professionalisierung und immer neue Jobprofile. Wir hoffen, dass sich auch die Gehälter und Wertschätzung ähnlich entwickeln werden. Mit dem JOBGREISSLER wollen wir einen kleinen Teil dazu beitragen.
Du bist auf Job- oder Personalsuche? Hier erfährst du mehr über den JOBGREISSLER!
Autorin: Doris Baumgartner