
Social Media Marketing ohne Pixel – was bleibt denn dann noch?
01. Juli 2021 Die Basis für erfolgreiches Performance Marketing sind aussagekräftige Daten, die zu einem erheblichen Anteil durch Tracking-Pixel und Cookies gesammelt wurden. Doch Apple und Google machen es Werbenden jetzt wesentlich schwerer, an diese Daten zu kommen. Was das für die Kampagnenplanung bedeutet und welche Möglichkeiten noch bleiben, beleuchten wir in diesem Artikel.Vor kurzem hat Apple es allen iOS14-Userinnen radikal einfach gemacht, Tracking abzulehnen. Die Auswirkungen sind bei vielen Unternehmen bereits spürbar. Aktivitäten auf ihren Websites oder in Online-Shops werden zwar nicht weniger, aber sie werden sozusagen unsichtbar. Allerorts kämpfen Online Marketer mit der Zuordnung von Umsätzen (oder sonstigen Conversions) zu Kampagnen.
Auch Google plant – nach Kritik zwar langsamer als erwartet – Drittanbieter-Cookies in Chrome zu stoppen, was ebenso große Änderungen mit sich bringen wird. Unternehmen, die Social Media Marketing betreiben, haben trotzdem einige Möglichkeiten sich anzupassen. Vorweg bleibt aber anzumerken, dass es keinen 1:1 Ersatz der bisherigen Möglichkeiten gibt, durchgängiges Messen vom ersten Sichtkontakt einer Anzeige bis zum Kaufabschluss wird mehr und mehr verhindert. Ebenso sollte bei Tracking-Themen im Zweifel immer ein juristischer Check bezüglich Datenschutz gemacht werden.
Mehrstufige Conversion-Kampagnen ohne PixeldatenDaten wie Kaufabschlüsse (purchase) oder das Hinzufügen von Produkten zum Einkaufswagen (add-to-cart), die bislang direkt über die Website gewonnen wurden, werden nicht mehr oder nur noch rudimentär verfügbar sein. Das Retargeting auf solche Events – bisher ein effektives Mittel, um Conversions zu generieren – fällt also weg.
Der Aufbau von Funnel-Strategien ist aber weiterhin mit Einschränkungen möglich, indem man Custom Audiences aus Video-Views, Interaktionen, Lead Formularen oder Veranstaltungszusagen bildet. Eine Kampagne könnte z.B. so aussehen:
- Die erste Phase bzw. Funnel-Stufe bildet eine Video-Ad mit dem Ziel Video-Views
- In der zweiten Phase folgt Retargeting auf Video-Views mit einer Link-Ad und dem Ziel Landing Page-Aufrufe.
- In der dritten Funnel-Stufe ebenso Retargeting auf Video-Views und all jene Menschen, die mit meiner Seite interagiert haben.

Eine bessere, aber oft wegen rechtlicher Gründe nicht sauber durchführbare Möglichkeit ist es, Custom Audiences aus vorhandenen Kundenlisten zu erstellen. Die meisten Unternehmen haben zwar solche Daten, aber keine explizite Zustimmung der Userinnen, dass sie für solche Zwecke verwendet werden dürfen. Wer sich hier unsicher ist, sollte auf jeden Fall juristischen Rat einholen.
Die Facebook Conversion APIIm Helpcenter findet man Infos und Anleitungen für die Nutzung der Facebook Conversion API, die “in Kombination mit deinem Facebook-Pixel hilft, die Performance und Messung deiner Werbekampagnen zu verbessern.” Dieses Tool von Facebook klingt zuerst einmal wie das Heilmittel für die Pixel-Misere. Unserer Erfahrung nach ist sie bestenfalls ein Pflaster. Die technische Umsetzung ist alles andere als trivial und ein entsprechender Ressourceneinsatz ist in vielen Unternehmen nicht möglich oder verhältnismäßig. Auch rechtlich ist sie nicht so sauber, dass sie längerfristig ein Ersatz fürs Pixel-Tracking sein kann.
UTM ParameterZu jedem Kampagnen-Link kann man ganz einfach mit einem UTM-Tool oder direkt im Facebook Anzeigenmanager Parameter hinzufügen, die später bei der Auswertung von Kampagnen helfen können. Von welcher Quelle, welcher Kampagne oder welchem Sujet genau kam der Klick? Grundsätzlich ein sehr effizientes Tool, das aber ebenso wirkungslos wird, wenn die Userin nach dem Klick dem Cookie-Tracking auf der Website nicht zustimmt. Die Verbindung zum Kauf geht unter, weil der Kauf nicht getrackt wird. UTM-Parameter sind weiterhin sinnvoll, lösen aber das Problem des cookielosen Trackings auch nicht.
Design des Cookie-BannersEs gibt gute und DSGVO-konforme Möglichkeiten auf dem Markt, um bessere Raten von Zustimmung zum “Cookies akzeptieren” zu bekommen. Viele Cookie-Banner sind so “sauber” designt, dass man sogar wenn man zustimmen möchte, eher auf ablehnen klickt. Bitte nicht falsch verstehen: Ein rechtlich sauberes Cookie-Consent sollte selbstverständlich sein, aber mit gutem Design lassen sich hier ein paar Prozent mehr Zustimmung zum Tracking erzielen. Auch hier gilt: Vorher mit einer Rechtsberatung klären.
Gutschein-CodesGutschein-Codes bleiben eine der wenigen Möglichkeiten, um die Tracking-Lücke zwischen “Ad geklickt” und “Produkt gekauft” etwas kleiner zu machen. Benutze ich für eine Kampagne den Code JUHU10 für -10% Rabatt, den ich in anderen Medien nicht publiziere, kann ich diese Käufe mit hoher Wahrscheinlichkeit dieser Kampagne zuordnen. Doch auch hier gibt es Einschränkungen: Das Ganze funktioniert nicht, wenn meine Conversion keinen Geldwert hat, wie etwa Newsletteranmeldungen oder Anmeldungen für ein gratis Event. Welchen Grund hätte eine Userin, da einen Gutschein-Code einzulösen? Weiterer Minuspunkt: Man sammelt damit keine Conversion-Events, die der Facebook-Algorithmus aber wiederum fürs Optimieren der Kampagne brauchen würde.
Neue Verrechnungsmodelle zwischen Kunden und AgenturenTechnisch gesehen ist also keine der verbleibenden Möglichkeiten ein Ersatz für das fast lückenlose Tracking. Aber worauf soll man sich noch verlassen, wenn nicht auf den ROAS (Return on Ad Spend)? Unsere Erfahrung zeigt: Eine langfristige Kunden-Agentur-Beziehung, von der beide Seiten profitieren, bleibt von Pixel und Regeländerungen der Tech-Konzerne im besten Fall unberührt. Wurden bisher erfolgsbasierte Honoraranteile vom getrackten Umsatz berechnet, haben wir Modelle gefunden, die für beide Seiten zufriedenstellend sind. Bei umsatzbasierten Honoraren werden z.B. alle Shop-Verkäufe als Basis verwendet. Viel zu riskant für Kundinnen? Auf den ersten Blick ja und so ein Modell funktioniert natürlich nur mit einer gewissen Vertrauensbasis. Aber es hilft vielleicht, sich die Alternative als werbendes Unternehmen anzuschauen: Nämlich Performance-Kampagnen auf Facebook, Instagram, LinkedIn & co. komplett einzustellen. Das kann eine Lösung sein, muss ich mir aber auch erstmal leisten können.
Wie so oft im Online Marketing müssen sich die “kleinen Fische” an neue Regeln und Umwälzungen anpassen. Das macht zwar nicht immer Spaß, lässt einen aber auch (gezwungenermaßen) am Ball bleiben. Vieles ist aus heutiger Sicht noch nicht abschätzbar, doch wir sind und bleiben unverbesserliche Optimisten und vertrauen auf Qualität und menschliche Kommunikation als Key-Faktoren einer guten Zusammenarbeit. Immerhin schon zwei Konstanten, auf die wir uns verlassen können, auch wenn das Pixel-Tracking ins Wanken gerät.
Autorin: Doris Baumgartner