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Thema Datenmissbrauch auf Facebook oder: Warum ich großer Dostojewski-Fan bin

22. März 2020 Die letze Woche war um ehrlich zu sein keine große Überraschung. Facebook sammelt Daten. Unsere Daten. Genauso wie YouTube, Twitter, Google oder der Friseurladen um die Ecke.

Alle in einem anderen Ausmaß, doch das Motiv ist dasselbe: wir konsumieren, sie (re-)monetarisieren.

Daten sind die Basis für Unternehmertum, aber auch für das menschliche Zusammenleben. Wir alle sammeln sie, gruppieren sie und nutzen sie.

Es ist jedoch wie in so vielen Fällen technischer Weiterentwicklung nicht das Produkt, das Schaden anrichtet, sondern all jene, die es für ihren Vorteil nutzen. Und das sind wir alle: Facebook & Co, aber auch wir WerberInnen und wir KonsumentInnen.

Nehmen wir mich: jeden Tag erkläre bzw. zeige ich auf, wie man am effizientesten Daten (mit allen möglichen Tricks) sammelt, gruppiert und zum Vorteil des Unternehmens nutzt. Ich spreche von Call to Actions, von Incentives und von Kommunikations-Psychologie.

Die letzte Woche war keine Überraschung, weil ich Teil des Systems bin.

Aber: wie ist es nun mit der Schuldfrage? Hat überhaupt jemand Schuld? Ist es Facebooks Schuld, dass sie so lange zugesehen haben? Ist es deren Schuld, dass sie die Einstellungen zur Sicherung der individuellen Privatsphäre so unfassbar kompliziert gemacht haben? Ist es nicht in deren Verantwortung NutzerInnen darüber aufzuklären, was mit ihren Daten passiert und wer auf sie Zufgriff hat? Ist es nicht deren Verantwortung, Datenlecks und Schnittstellen im Griff zu haben.

Ja, ja, ja und ja.

Oder ist es unsere Schuld, dass wir blauäugig all unsere Informationen preisgeben und uns nicht tiefer gehend mit den Auswirkungen unseres Handelns auseinandersetzen? Ist es gar unsere Eigenverantwortung, Inhalte reflektiert zu konsumieren im steten Bewusstsein der “Überwachung”.

Oder wälzen wir die Schuld ab – auf all jene, die sie missbräuchlich nutzen und sich daran bereichern?

Ja, ja, ja und ja.

Aber: ich möchte von Teilschuld sprechen. Ich denke wir alle müssen wieder einen Schritt zurückgehen. Es ging alles zu schnell. Die letzen 10 Jahre der technischen Weiterentwicklungen decken sich nicht mit 10 Jahren gleichlaufender kognitiver Weiterentwicklung. Das System “Social Media” wurde zu schnell zu groß. Dynamiken entstanden, die die Allgemeinheit nicht zu bewältigen wusste.

Wohl gemerkt: die Allgemeinheit. Ein kleiner Teil von uns weiß sehr wohl, wie man die Plattformen gewinnbringend verwendet.

Ich spreche hier gern von einer “digitalen Elite”. All jene, die sich tiefgreifend mit den Möglichkeiten (und hier insbesondere mit der Monetarisierung) der Plattformen beschäftigen. Schnell wird einem bewusst, in welchem Ausmaß ich dazu fähig bin, Personen nach geographischen, psychographischen, demographischen und verhaltensorientierten Mustern zu segmentieren und diese dann nachhaltig zu beeinflussen.

Ja, das ist Marketing. Schon zu den Hochschulzeiten meines Vaters und den meinen wurde dies gepredigt – aber die Möglichkeiten haben sich verändert. Die Reichweite. Die Technik.

All das bringt mich zu einem Punkt: Ja, ich befürworte die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) Neu.

Ja, ich finde, Datenschutz ist ein enorm wichtiges Thema. Und ja, ich finde Facebook trifft die Schuld. Aber auch uns. Die Plattformen müssen sich zu moralischen, ethischen und gesellschaftsfördernden Werten bekennen und individuellen Datenschutz leichter zugänglich machen. Wir hingegen müssen Medienkompetenz entwickeln, um Verständnis aufzubauen und Inhalte auch richtig konsumieren zu können.

Es haben sich Dynamiken entwickelt, die unsere Gesellschaft beeinflussen. Wahlen und damit nachhaltige Machtverteilung werden online entschieden, Meinungen werden gefestigt und gesellschaftsimmanente Probleme wie Hass und Feindseligkeit gegenüber Minderheiten werden reichweitenstark salonfähig.

Lasst uns kurz innehalten und überlegen, was hier passiert. Und ich sage es offen: auch ich tue das. Ich werde weiterhin in einer Branche arbeiten, die all dies tut: sammeln, segmentieren, konvertieren und optimieren. Und ich werde all diese Instrumente auch an die jüngere Generation weitergeben Aber: ich werde weiterhin und verstärkt darauf aufmerksam machen, was die Konsequenzen sind. Und wie man all das mit menschlichen Grundwerten in Einklang bringen kann.

Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir wieder die Zügel in die Hand nehmen können.

Die Gesellschaft entwickelt sich weiter – lasst uns ihr den Weg vorgeben.

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