
War doch nur Spaß!
20. April 2021 Löst eine humorvolle online Kampagne einen Shitstorm aus, sind die Fronten schnell verhärtet. Kommentatorinnen werfen sich gegenseitig übertriebene Political Correctness bzw. Ignoranz gegenüber Andersdenkenden vor. Was Marken sich fragen sollten, wenn sie authentisch und humorvoll online auftreten wollen.„Women belong in the kitchen“ twitterte Burger King scheinbar ironisch und löste damit einen Shitstorm am Weltfrauentag aus. Dabei wars eigentlich gut gemeint als Werbung für ein Köchinnen-Förderprogramm. Was lief schief?
Humor ist im Online Marketing eine der heißesten Zutaten für eine Kampagne. Denn wer die Zielgruppe zum Lachen bringt, schafft eine emotionale Brücke, wirkt sympathisch und zündet das Flämmchen, das ein virales Lauffeuer werden könnte: Likes and shares! Doch auch Kritik verbreitet sich online rasend schnell. Denn welche Werbegags wir witzig finden, hängt von Geschmack, sozialem und zeitlichem Kontext, Insiderwissen oder einfach der Stimmung ab. So gesehen könnte man sich als Marke zurücklehnen unter dem Motto „über Humor kann man nicht streiten“ und bei Kritik kontern „So wars doch gar nicht gemeint!“.
Was Unternehmen aber nie vergessen sollten, ist dass jeder Witz auf Kosten von jemand geht und dass sie als Teil der Gesellschaft eine Verantwortung dafür tragen, was sie publizieren. Das gilt aus Marketingsicht, um keinen Shitstorm zu verursachen, noch mehr aber aus menschlicher Sicht. Ebenso sollten Unternehmen bedenken, dass Userinnen vermehrt Haltung, Kritikfähigkeit und ehrliche Entschuldigungen fordern.
Ohne Shitstorm gehts auchFür die Balance zwischen knackiger Pointe und schlechtem Geschmack gibt es kein Kochrezept, sehr wohl aber Orientierungspunkte. Denice Bourbon ist Gründerin und Comedienne im Wiener Politically Correct Comedy Club (PCCC*). In einem Interview mit der Wienerin legt sie die Messlatte so an: „Es ist einfach, einen beleidigenden Witz zu machen, weil wir so gewöhnt daran sind. Nicht diskriminierende Comedy zu machen ist hingegen schwierig. Viele Leute wollen sich diese Mühe nicht machen.„ Guter Witz ohne Beleidigung, Herabwürdigung und dem Ausschlachten von verletzenden Klischees ist also machbar. Was kann man als Online Marketingverantwortliche also tun?
Mit den richtigen Fragen und Denkanstößen beim Konzipieren einer humorvollen Kampagne starten:
- Wer bin ich?
Wofür stehe ich als Unternehmen und was will ich eigentlich sagen? Passt Humor zu meinem Image? Fühle ich mich wohl damit oder mache ich nur mit weil andere damit erfolgreich sind?
- Wer ist die Zielgruppe?
Finden auch Menschen außerhalb meiner Firma oder Branche den Humor lustig? Im Zweifelsfall immer mit einer Gruppe verschiedenster Menschen testen.
- Gibt es Sprachbarrieren?
Doppelt schwierig wird es, wenn eine Kampagne in mehreren Sprachen online gehen soll. Unbedingt jede Übersetzung mit Erstsprachlerinnen abklären.
- Ich weiß nicht, was ich nicht weiß
Ein Witz, der gestern leichtfüßig und lustig war, kann morgen aufgrund eines aktuellen Ereignisses komplett daneben liegen. In die Zukunft kann keiner schauen, aber über gesellschaftlichen Grenzen. Was in meiner Welt als Spaß gilt, finden viele meiner Kundinnen aber beleidigend. So wie im Fall von Burger King.
- Die Masterfrage
Bin ich im Zweifelsfall bereit, mich einer online Diskussion offen und ehrlich zu stellen? Denn sollte trotz aller Maßnahmen tatsächlich ein Shitstorm auftreten, ist dies der einzige Weg der Schadensbegrenzung. Echte Kritikfähigkeit und Integrität passen nämlich zu jedem Markenimage.
Die Werbeabteilung von Burger King hat sich anscheinend die eine oder andere dieser Fragen nicht gestellt. Sonst wäre klar geworden, dass das Posting sexistisch ist, klischeehafte Rollenzuschreibungen wiederholt und somit einfach kein Witz ist.